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US-Wahlen 2024 und Implikationen auf die Märkte

17. September 2024

Nach dem Rückzug von Joe Biden wurde der Wahlkampf neu lanciert. Unterschiede bei Geschlecht, Alter und Herkunft zwischen Harris und Trump versprechen ein spannendes Rennen. Auch die Wahlprogramme können kaum unterschiedlicher sein. Der Ausgang um das Präsidentschaftsamt bleibt offen. Was sind die Auswirkungen auf die Kapitalmärkte?

Wahlprognosen Harris vs. Trump

Nach dem alters- und gesundheitsbedingten Rückzug von Joe Biden im Kampf um das Präsidentenamt hat die aktuelle Vize-Präsidentin und neue Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris in kürzester Zeit Donald Trump überflügelt (gemäss den neusten Umfragen). Auch die Nominierung von Tim Walz als Vize-Kandidat war ein überlegter, taktischer Schritt. Die beiden wurden am Parteikongress in Chicago definitiv als Kandidaten bestätigt und werden von einer Sympathiewelle getragen, was breite Wählerschichten zu mobilisieren vermag.

Die politischen Flitterwochen dürften nun aber der Realität weichen und Harris muss mit ihrem Wahlprogramm Stimmen gewinnen. Die persönlichen Angriffe von Donald Trump stossen mittlerweile innerparteilich auf Kritik und einige namhafte Republikaner wenden sich von ihrem Kandidaten ab.

Das Rennen um das Weisse Haus bleibt aber eng umkämpft und wird dies bis zum Wahltag am 5. November wohl bleiben.

Die «Swing-Staaten»

Die Machtverhältnisse in den meisten US-Bundesstaaten sind klar verteilt. In einigen umkämpfte Gliedstaaten ist der Wahlausgang ungewiss. Diese «Swing States» entscheiden entsprechend, wer Präsident wird. In diesem Jahr sind dies Arizona (11 Elektoren, Trump), Georgia (16, T), Michigan (15, H), Nevada (6, H), North Carolina (16, H), Pennsylvania (19, H) und Wisconsin (10, H). Insgesamt 27 Elektoren für Trump und 66 für Harris.

Das TV-Duell in Pennsylvania

Die TV-Debatte im umstrittenen Bundesstaat Pennsylvania hat einen klaren Gewinner hervorgebracht. Donald Trump liess sich von seiner Gegnerin provozieren und manipulieren. Kamala Harris wirkte zu Beginn etwas angespannt, gewann aber rasch ihre Souveränität zurück und wehrte die Angriffe von Donald Trump gekonnt ab. Mit Vorwürfen und Anschuldigungen hielten sich beiden Seiten nicht zurück. Kamala Harris konterte Vorwürfe von Donald Trump und richtete die Diskussion abgeklärt in eine neue Richtung. Sachthemen waren Wirtschaft, Inflation, Migration, Abtreibung oder der Ukraine-Krieg. Das Alter von Donald Trump machte sich in Phasen bemerkbar.

Kamala Harris forderte ihren Kontrahenten nach der Debatte zu einem zweiten Duell heraus, was von Trump zurückgewiesen wurde.

Fazit: klare Punktevorteile für Harris, was sich auch in den Umfragewerten widerspiegelt. So gab auch Taylor Swift auf sozialen Netzwerken ihre Unterstützung für Kamala Harris bekannt und rief an den MTV-Awards zum Wählen auf.

Neueste Umfragewerte

Die impliziten Wahrscheinlichkeiten der Wettanbieter oszillieren seit  einigen  Wochen um den  Geleichstand und haben nach der TV-Debatte wieder zugunsten von Kamala Harris umgeschlagen. Auch die nationalen Umfragen bei den Wählern ergeben ein sehr ausgeglichenes Ergebnis mit leichten Vorteilen für Kamala Harris. In den «Swing States» gibt es aktuell eine leichte Tendenz zugunsten von Kamala Harris. Hier einen klaren Trend abzuleiten, wäre zum aktuellen Zeitpunkt aber verfehlt.

Implizite Wahrscheinlichkeit der Wettanbieter

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Quelle: Bloomberg Finance L.P.

Kernpunkte der Agenda Harris

Bidenomics vermochten bisher erfolgreich eine Rezession zu vermeiden. Entsprechend kann erwartet werden, dass Harris diese im Wesentlichen weiterführen wird, z.B. Infrastrukturprogramme und die Förderung alternativer Energien. Das knappe Häuserangebot soll durch Finanzierungshilfen für Erstkäufer erhöht werden. Zudem sollen monatliche Kinderzulagen und steuerliche Abzüge für Kinder (Child Tax Credit) Familien unterstützen. Finanziert werden soll dies durch höhere Steuern für Grossverdiener, die Besteuerungen der Vermögen von Ultravermögenden, die Erhöhung der Steuer auf Aktienrückkäufen und auf der Körperschaftssteuer. Die Schaffung von Arbeitsplätzen bleibt ein zentrales Anliegen von Kamala Harris, sollte sie die Wahl gewinnen. Schliesslich soll die Inflation durch eine neu zu schaffende Preisüberwachungsstelle gesteuert und gesenkt werden, was kritisch beurteilt wird. Harris steht für Integration.

Kernpunkte der Agenda Trump

Die Beschäftigungs- und Steuerpakete von 2017 sollen verlängert werden. Zudem steht die Senkung der Unternehmenssteuer auf 15% im Raum. Einwanderung und Kriminalität sollen bekämpft werden. Trump zielt noch immer auf die Abschaffung der Obamacare, was bereits 2017 scheiterte. Umweltschutz und E-Mobilität tritt zugunsten der fossilen Energieträger in den Hintergrund. Die Inflationsbekämpfung ist auch bei Trump auf der Agenda, soll aber durch die Einschränkung der staatlichen Einflussnahme und Deregulierung bekämpft werden. Eine gegenläufige Wirkung darf von der Erhöhung der Schutzzölle – und wohl nicht nur auf chinesische Güter – erwartet werden. Schliesslich beabsichtigt Trump auch die Einflussnahme auf die Geldpolitik der Fed auszubauen, was aus Sicht einer unabhängigen Notenbank als problematisch eingestuft werden muss. Zudem steht Trump für aggressiven Populismus mit dem Ziel den globalen Führungsanspruch für sich und Amerika zu sichern.

Eine Gegenüberstellung der Wahlprogramme finden Sie in der Tabelle ganz am Ende dieses Dokumentes.

Grenzen des Handlungsspielraums

Für die Umsetzung der jeweiligen Politik entscheiden die Machtverhältnisse im Kongress. Die beiden Kammern, Senat und Repräsentantenhaus, verabschieden Gesetze

mit einfacher Mehrheit. Im Senat stehen 34 Sitze zur Wiederwahl, davon entfallen 23 auf Demokraten (wovon 3 Unabhängig). Mit einem Zugewinn von zwei Sitzen erreichen die Republikaner die Mehrheit, was wahrscheinlich erscheint. Das Repräsentantenhaus, wo alle 435 Abgeordneten alle zwei Jahre gewählt werden, wird aus aktueller Einschätzung an jene Partei gehen, die das Rennen um die Präsidentschaft gewinnt.

Allgemein stellt die rekordhohe Verschuldung Amerikas mit über 35’000 Mrd. USD für beide Kandidaten die gleichen Einschränkungen dar. Rund alle sechs Monate kommt eine weiter Billion dazu, was unabhängig von der politischen Couleur in vergleichbarem Ausmass geschehen wird. Offen bleibt, welche Rendite die Investoren für die Finanzierung dieser Schulden fordern werden.

Der «Inflation Reduction Act» ist für Trump ein grosses Ärgernis. Die Förderung alternativer Energiequellen würde unter seiner Präsidentschaft zeitnah reduziert oder gar gestoppt.

Einer Studie von Morgan Stanley zufolge steigt die US-Verschuldung unter den Demokraten weniger stark an als unter den Republikanern.

Zahlreiche der von beiden Seiten angepeilten Vorhaben weisen einen erheblichen inflationären Druck auf und stehen mit dem Primärziel der Inflationsbekämpfung im Widerspruch.

Auswirkungen des Wahlausgangs auf die Zinsen und den US-Dollar?

Beide Wahlprogramme basieren auf höheren Ausgaben und der Ausweitung der Verschuldung. Wir gehen davon aus, dass sich einerseits der US-Dollar unter dieser Entwicklung graduell abwerten wird. Dies hat die Erhöhung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit als erfreulichen Nebeneffekt. Anderseits wird der höhere Finanzierungsbedarf steigenden Rendite bei Anleihen mit längeren Laufzeiten bewirken.

Welche Sektoren profitieren?

Der Wahlausgang wird sich auch unterschiedlich auf die Aktien auswirken. Nicht nur wer die Präsidentschaft übernimmt, sondern auch die Machtverhältnisse im Kongress spielen hier eine wesentliche Rolle. Beispielsweise die Ankündigung von Kamala Harris gegebenenfalls auch republikanische Minister nominieren zu wollen, kann die Durchsetzbarkeit von Vorstössen in Senat und Repräsentantenhaus massgeblich beeinflussen und auch den Aktienmarkt bewegen. In der folgenden Tabelle haben wir jene Sektoren mit grün hervorgehoben, die unter Harris resp. Trump aufgrund ihres Wahlprogramms profitieren sollten.

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Szenarien und ihre Wahrscheinlichkeiten

Es bestehen vier möglich Szenarien:

  • Szenario 1: Die Demokraten gewinnen die Präsidentschaft sowie den Senat und das Repräsentantenhaus (blaue Welle).
  • Szenario 2: Die Demokraten gewinnen die Präsidentschaft und die Mehrheit im Repräsentantenhaus, verlieren aber den Senat (Harris mit geteiltem Kongress).
  • Szenario 3: Die Republikaner gewinnen das Rennen um die Präsidentschaft und die Mehrheit im Repräsentantenhaus, verpassen aber den Senat für sich zu gewinnen (Trump mit geteiltem Kongress).
  • Szenario 4: Die Republikaner gewinnen die Präsidentschaft ebenso wie Mehrheit im Senat und Repräsentantenhaus (rote Welle).

Wahrscheinlichkeiten Präsidentschaft und Stimmverhältnisse im Kongress

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Quelle: Aquila Investments

Wahlprogramme der beiden Präsidentschaftskandidaten

 HarrisTrump
WirtschaftBekämpfung der (Lebensmittel-)Inflation durch Preiskontrolle, Erhöhung der Körperschaftssteuer von 21 auf 28 %, Erhöhung der Steuer auf Aktienrückkäufe von 1 auf 4 %,  Verbraucherschulden zu erlassenSteuersenkungen und Beschäftigungsgesetz verlängern, Körperschaftssteuer auf 15 % senken, Inflationsbekämpfung durch Deregulierung und Reduktion des staatlichen Interventionismus
EinwanderungHarris hat ihre Position seit 2020 geändert, die Rolle der Einwanderungs- und Zollbehörden kritischer prüfenEinwanderung und Grenzkontrolle ist ein zentrales Thema, harte Linie wird durchgesetzt, Kampf gegen Drogenkartelle, Wiederherstellung des Friedens und der öffentlichen Sicherheit
GesundheitsfürsorgeBidens Bemühungen um eine Senkung der Arzneimittelkosten fortsetzen, Preisverhandlungen im Rahmen von Medicare beschleunigen, das Recht auf Abtreibung sollte auf nationaler Ebene wieder eingeführt werdenKämpft erneut gegen Obamacare (2017 gescheitert), Abtreibung sollte von den Bundesstaaten entschieden werden, Kürzung von Programmen zur Geschlechtsumwandlung
BildungStatus QuoRückführung der Verantwortung für Bildung auf die Ebene der Bundesstaaten
KlimaLässt taktisch das Verbot von Fracking fallen und unterstützt alternative Energien zur Verringerung der UmweltverschmutzungDie Vorschriften für die Umweltverschmutzung durch Neuwagen kürzen, unterstützt die Öl- und Gasindustrie, keine endgültige Entscheidung (Musk)
JustizAmtszeitbeschränkung von 18 Jahren für den Obersten Gerichtshof einzuführendas Justizministerium gegen (seine eigenen) Feinde einsetzen
AußenpolitikBeendigung des Krieges in Palästina, Schaffung einer Zwei-Staaten-Lösung, Engagement für die NATO und volle Unterstützung der Ukraine im Kampf gegen RusslandDruck auf die Verbündeten ausüben, um Absichten zu erreichen und den Krieg in der Ukraine umgehend zu beenden
HandelBiden hat bereits höhere Zölle eingeführt und damit Trumps Vorschläge aufgegriffenHarte Sanktionen gegen China und andere Handelspartner
WohnungswesenDrei-Stufen-Plan zur Behebung des Wohnungsmangels durch Unterstützung von Erstkäufern, Investoren vom Aufkauf von Immobilien abzuhaltenAufbau von „Freedom Cities“ zur Schaffung von Arbeitsplätzen und Wohneigentum

Quelle: CNN Politics, Aquila Investments


Kontakt: Christoph Sieger, Portfolio Manager
Telefon: +41 58 680 60 56

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Marktausblick | 1. Quartal 2025

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An den US-Aktienmärkten kam es nach der US-Wahl zu Gewinnmitnahmen. In Europa sind die Märkte schon seit Ende September unter Druck. Für die weitere Entwicklung bleiben wir verhalten positiv. Geopolitische Risiken und Zolldiskussionen könnten die Aktienmärkte belasten.
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