2. November 2020
Weltweit koordinierte Fiskal- und Geldstimuli zur Bekämpfung der zweiten Covid-19 Ansteckungswelle. Unsicherer Wahlausgang.
Teile Europas befinden sich bereits im Lockdown, um die 2. Infektionswelle zu bekämpfen. Es ist plausibel, dass auch die USA mit einigen Wochen Verspätung einen starken Anstieg der Infektionen verzeichnen könnten und zum Handel gezwungen werden. Es ist deshalb nur eine Frage der Zeit, bis weltweit zusätzliche Fiskal- und Geldstimuli lanciert werden – im Falle der USA «zügig» nach den Wahlen.
Neues Bretton Woods Abkommen?
Der Währungsfonds arbeitet an Konzepten für weltweit koordinierte hyperaktive Geld- und Fiskalpolitik. Covid-19 und die Erderwärmung liefern die Rechtfertigung für dieses Vorgehen. Kristalina Georgieva, eine Direktorin des Währungsfonds, hielt diesbezüglich eine Rede, die auf der Homepage des Währungsfonds zugänglich ist, indem Sie hier klicken.
Bereits jetzt grösste Stimuli aller Zeiten
Frau Georgieva führt aus: «Wir haben weltweit fiskalische Aktionen in Höhe von $12 Billionen erlebt. Die grossen Zentralbanken haben ihre Bilanzen um $7,5 Billionen erweitert. Diese synchronisierten Massnahmen haben die destruktiven makrofinanziellen Rückkopplungen verhindert, die wir in früheren Krisen gesehen haben».
Mehr Stimuli in der Pipeline
Und weiter: «Unterstützung ist nach wie vor unerlässlich, denn wenn sie zu früh zurückgezogen wird, riskiert man einen schweren und ungerechtfertigten wirtschaftlichen Schaden».
Schuldenrestrukturierungen werden ebenfalls erwähnt
«Wo Schulden nicht tragbar sind, sollten sie unverzüglich umgeschuldet werden. Wir sollten auf eine grössere Transparenz der Schulden und eine bessere Koordinierung der Gläubiger hinarbeiten. Ich bin ermutigt durch die G20-Diskussionen über einen gemeinsamen Rahmen zur Lösung der Staatsverschuldung sowie durch unsere Forderung nach einer Verbesserung der Architektur zur Lösung der Staatsverschuldung, einschliesslich der Beteiligung des privaten Sektors».
Bisher bestand die Realpolitik des Währungsfonds hauptsächlich darin, unter strengen Auflagen immer grössere Kredite zu vergeben und Schuldenschnitte erst als «letzte Lösung» anzusehen. Aufgrund der weltweiten Lockdowns und der Erderwärmung deutet sich eine «noch ausgabefreudigere Haltung» des Währungsfonds an. Es wird diesbezüglich hervorgehoben, dass die Ausleihkapazität des Währungsfonds verdoppelt wurde.
Währungsfonds wird selbst noch aggressiver ausleihen und ermutigt Staaten, dies ebenfalls zu tun
Der Währungsfonds «prognostiziert» und ermutigt die Regierungen, ihre Verschuldung weiter erheblich zu erhöhen, um die gegenwärtige Wirtschafts- und Gesundheitskrise zu bewältigen, das Wachstum (kreditfinanziert) anzukurbeln und eine grüne Wirtschaftspolitik zu finanzieren. Der Ruf, dies koordiniert zu tun, «ist laut». Die Wahrscheinlichkeit, dass es dazu kommt, erachten wir als hoch.
Zentralbanken finanzieren Staatsschulden
Und hier kommen die Zentralbanken ins Spiel. Um die Finanzierbarkeit der Staatsschulden mittelfristig zu gewährleisten und einen Rückgang der Privatinvestitionen zu verhindern, sollen die Zentralbanken mithelfen, die «konzentrierte Ausgabenorgie» zu finanzieren.
Ausgang der US-Präsidentenwahl ändert das grosse Bild nur wenig
Der Wahlausgang in den USA hat einen geringeren Einfluss auf die Fiskal- und Geldpolitik, als viele annehmen. Die Republikaner und Demokraten stehen beide für eine ultraexpansive Fiskalpolitik. Lediglich das Ausmass und die Geschwindigkeit der Ruinierung der Staatsfinanzen ist unterschiedlich. Beide Parteien werden mit allen Mitteln versuchen, die «gemanagte Rally» in Aktien, Anleihen und Immobilien am Leben zu erhalten. Bei beiden Parteien sind die Märkte (nicht nur die Finanzmärkte) grösstenteils ausgehebelt. Diese können ihre Funktionen (Knappheitsindikatoren, effiziente Allokation) schon seit langem nicht mehr erfüllen. Bei beiden Parteien besteht die Gefahr, dass aus gemanagten Finanz-, Aussenhandelsmärkten und einem immer aggressiveren Umverteilungsstaat ein alles regulierender «Superstaat» entsteht, der immer mehr Macht an sich reisst und den freien Wettbewerb und die Redefreiheit unterwandert.
Umfrageergebnisse sind trügerisch, Wahlüberraschungen nicht unwahrscheinlich
Die Wahlprognosen lagen hinsichtlich des Brexits und der letzten US-Präsidentenwahl falsch. Die meisten Medien, Künstler, Universitäten, «staatstragenden Eliten» und Angestellten von Umfrageinstituten bevorzugen die Demokraten.
Können die Republikaner mehr Wähler mobilisieren?
Vermutlich werden nur unter 60% aller Wahlberechtigten US-Amerikaner tatsächlich ihr Wahlrecht ausüben. Von der Wohnbevölkerung in Höhe von 330 Mio. dürften rund 245 Mio. wahlberechtigt sein. Es ist wahrscheinlich, dass ca. 140 Mio. tatsächlich wählen werden. Somit ist entscheidend, welche Seite mehr Anhänger mobilisieren kann. Vermutlich wird die Wahlmobilisierung dem Trump-Lager besser gelingen. Dies ist in den meisten Umfragen vermutlich nicht adäquat berücksichtigt.
Covid-19 begünstigt Siegchancen der Demokraten
Die Republikaner sind gegen eine allgemeine Krankenversicherungspflicht und gegen ein staatlich subventioniertes Gesundheitssystem. Dies wird in Zeiten der Corona-Pandemie von vielen Wählern als klarer Nachteil empfunden.
Auch die Rassenunruhen dürften den Demokraten Wählerstimmen bringen. Rund 65% der «Hispanos» tendieren dazu, demokratisch zu wählen. Diese Wählergruppe konnte in der Zwischenzeit zahlenmässig leicht zulegen.
Fundamentalistische Haltung Trumps kommt bei religiösen Gruppen gut an
Religiös geprägte Wähler, denen die Unterstützung von Israel und der Schutz des ungeborenen Lebens wichtig ist, dürften Herrn Trump trotz des «schwierigen Charakters» augrund grundsätzlicher Überlegungen die Treue halten.
Zusammensetzung des Senats entscheidend
Entscheidend für die Realpolitik wird die Zusammensetzung des Senats sein. Anleger sollten sich deshalb vielleicht etwas weniger auf die Präsidentenwahl konzentrieren und etwas mehr auf die Zusammensetzung des Senats.
Nächstes grosses Rettungspaket zügig nach Wahl
Sowohl Herr Trump als auch Herr Biden konzentrieren sich sehr stark auf die Nachfrageseite der Wirtschaft und würden koordinierte zusätzliche Fiskal- und Geldpolitik Realität werden lassen. In der Realpolitik dürften die rhetorisch grossen Unterschiede kleiner ausfallen. Wir rechnen in jedem Falle mit neuen grossen Hilfspaketen zügig nach der Wahl, falls das Wahlergebnis klar ausfallen sollte. In diesem Falle dürfte die USD-Schwäche wieder an Fahrt aufnehmen und sich der Anstieg von Gold und Silber fortsetzen.
Unklarer Wahlausgang wäre Gift für Märkte und Wirtschaft
Falls das Wahlergebnis nicht eindeutig ausfallen sollte, drohen Unruhen, womöglich bürgerkriegsähnliche Zustände, eine Fortsetzung der Marktkorrektur an den Aktienmärkten, eine US-Dollarstärke und sogar vorübergehende Preiskorrekturen an den Edelmetallmärkten. Investoren sollten dieses Szenario nicht verdrängen. Ein Rettungspaket könnte somit auch nicht zügig verabschiedet werden. Damit würde ein schneller Rückfall in die Rezession stattfinden.
Hohe Fallzahlen belasten Märkte
Der starke Anstieg der Fallzahlen setzt die Märkte deutlich unter Druck. Frankreich, Deutschland und weitere Länder haben neue Lockdowns eingeführt. Auch in den USA sind neue Einschränkungen in einigen Wochen wahrscheinlich. Somit droht nicht nur weltweit, sondern auch in den USA ein Rückfall in die Rezession selbst dann, wenn die US-Wahlen «gut» ausfallen. Mit «gut» ist ein klares, nicht anfechtbares Wahlergebnis gemeint. Sollten neue Lockdowns beschlossen werden, würden die Staatfinanzen noch schneller ruiniert werden. Damit sind erneut die Zentralbanken im Fokus: Sie müssen einen Zinsanstieg verhindern indem sie aggressiv Staatsanleihen aufkaufen. Investoren sollten in solch einem Szenario überlegen, Investitionen in Goldminenaktien und Gold aufzustocken.
Kontakt: Thomas Härter, CIO, Investment Office
Telefon: +41 58 680 60 44
Disclaimer: Die in diesem Dokument enthaltenen Informationen und Ansichten beruhen auf Quellen, die wir als zuverlässig erachten. Dennoch können wir weder für die Zuverlässigkeit noch für die Vollständigkeit oder Richtigkeit dieser Quellen garantieren. Sämtliche Informationen werden ohne Mängelgewähr und ohne ausdrückliche oder stillschweigende Zusicherungen oder Gewährleistungen zur Verfügung gestellt. Diese Informationen und Ansichten dienen rein zu Informationszwecken und begründen weder eine Aufforderung noch ein Angebot oder eine Empfehlung zum Erwerb oder Verkauf von Anlageinstrumenten oder zur Tätigung sonstiger Transaktionen. Interessierten Investoren empfehlen wir dringend, ihren persönlichen Anlageberater zu konsultieren, bevor sie auf der Basis dieses Dokumentes Entscheidungen fällen, damit persönliche Anlageziele, finanzielle Situation, individuelle Bedürfnisse und Risikoprofil sowie weitere Informationen im Rahmen einer umfassenden Beratung gebührend berücksichtigt werden können. Wir übernehmen keine Haftung für die Aktualität, Richtigkeit und Vollständigkeit der bereitgestellten Informationen und Ansichten. Soweit gesetzlich zulässig schliessen wir jede Haftung für direkte, indirekte oder Folgeschäden aus, einschliesslich entgangenen Gewinns, die aufgrund der publizierten Informationen entstehen.
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