7. Juni 2019
Rekordtiefe US-Arbeitslosenqoute ist kein gutes Omen für US-Aktienmarkt. Handelskrieg belastet Börsen. Aktienuntergewicht beibehalten
Der Handelskrieg hat sich markant zugespitzt. Wir empfehlen in Aktien untergewichtet zu bleiben.
US-Arbeitslosenquote auf 50-Jahrestiefststand
Die US-Arbeitslosenquote verharrt bei rund 3.6%. Die Beschäftigung wuchs den 104. Monat in Folge. In manchen Branchen herrscht Fachkräftemangel. Trotz der Überbeschäftigung fällt das Lohnwachstum bescheiden aus. Grund dafür dürften die tiefen Inflationserwartungen sein, die bei den (Real)Lohnverhandlungen zugrunde gelegt werden. Aufgrund der Eskalation des chinesisch-amerikanischen Handelskrieges könnte die erwartete Inflation bei gleichzeitig schlechteren Konjunkturaussichten ansteigen.
Tendenziell entwickelten sich die Aktienmärkte gegenläufig zur Arbeitslosenquote. Dies verdeutlicht Abbildung 1.
Handelskonflikt zwischen USA und China spitzte sich zu
Entgegen den Erwartungen der Finanzmärkte gelang letzte Woche kein „grossartiges Abkommen“. Gemäss Aussagen des US-Präsidenten wollte China nachverhandeln und bereits Zugesagtes rückgängig machen. Als Reaktion hierauf erhöhten die USA die Zölle auf Importe aus China im Wert von 200 Milliarden US-Dollar von bisher 10 auf neu 25%.
Abbildung 1: Gegenläufige Entwicklung der Arbeitslosenquote (linke Skala) und des Aktienmarktes (rechte Skala; logarithmische Darstellung)
Man kann zeigen, dass in Zeiten tiefer und steigender Arbeitslosigkeit Aktieninvestitionen besonders risikobehaftet und tendenziell unterdurchschnittlich attraktiv sind.
Mehr Informationen zum Thema Finanzmärkte und Arbeitslosenquote finden sich auf dem Aquila Finanzblog: unter den folgenden Links:
- In Zeiten tiefer Arbeitslosigkeit sind die Risiken höherer Kurseinbrüche besonders hoch.
- Untergewichten (Übergewichten) in Zeiten tiefer (hoher) Arbeitslosigkeit zahlt sich aus
- Untergewichten (Übergewichten) in Zeiten steigender (sinkender) Arbeitslosigkeit führt zu Outperformance
Selbstverständlich ist die Arbeitslosenquote nur ein Indikator, der neben vielen anderen für den Entscheid, wieviel in Aktien investiert werden sollte, verwendet werden sollte.
Gewinne pro Aktie von US-Firmen auf Allzeithöchststand dank Aktienrückkäufen, Tiefzinspolitik und Tiefsteuerpolitik
Die Gewinne pro Aktie von S&P500 Unternehmen hat einen Allzeithöchststand erreicht. Anleger sollten jedoch bedenken, dass ein Teil dieses Anstieges durch Aktienrückkaufprogramme zustande kam. Dabei wurde teures Eigenkapital (EK) durch billiges Fremdkapital (FK) ersetzt und somit das Leverage (Verhältnis FK zu EK) erhöht. Die Repressionspolitik der Notenbanken spiegelt sich auch in einer Entlastung der Gewinn- und Verlustrechnung durch einen tiefen Posten «Zinsaufwendungen» wieder. Aufgrund des ausufernden Haushaltsdefizites der USA (fast 4% Defizit in einer Überbeschäftigungssituation in Friedenszeiten) dürften die US-Steuersätze nicht nachhaltig tief sein. Die gute Gewinnsituation ist somit auch wesentliches Resultat der kombinierten Tiefzins- und Tiefsteuerpolitik und sollte deshalb nicht vollständig für bare Münze genommen werden, sondern mit Vorsicht interpretiert werden.
Die Europawahl verlief aus Sicht der Finanzmärkte unspektakulär. Die Extremisten gewannen weniger Stimmen als befürchtet.
Europäische Wirtschaft schwächelt weiter; Arbeitslosigkeit dennoch leicht rückläufig
Der Einkaufsmanagerindex für das Euroland erreichte lediglich den Wert von 47.7 (erwartet: 47.7, Vorwert: 47.7). Besonders schwach schnitt Deutschland mit 44.3. ab. Minimal stärker als erwartet viel der Index in Italien mit 49.7 aus (erwartet: 48.5, Vorwert: 49.1).
Die Kerninflationsrate im Euroland sank auf 0.8. Die Inflationserwartungen befinden sich auf dem tiefsten Stand seit 2016. Die Verzinsung deutscher, 10-jähriger Bunds erreichte mit -0.2% den tiefsten Wert aller Zeiten. Diesen Donnerstag werden unterstützende Massnahmen der EZB erwartet für die Konjunktur und das europäische Bankensystem erwartet.
Erfreulich ist, dass die Arbeitslosenquote in der EU mit 7.6% auf den tiefsten Wert seit August 2008 sank.
Brexit-Ängste belasten britische Wirtschaft trotz schwachem Pfund
Die Brexit-Saga hat deutliche Bremsspuren in der Wirtschaft hinterlassen. Der Einkaufsmanagerindex Bau erreichte lediglich den Wert von 48.6 statt 50.6 erwartet (Vorwert: 50.5). Der Einkaufsmanagerindex für das verarbeitendes Gewerbe betrug nur 49.5 statt erwartet 52.2 (Vorwert: 53.1). Das Pfund schwächte sich weiter markant ab. Die Finanzmärkte haben Ängste vor einem Labour-Sieg unter Führung des Linksaussen J. Corbyn.
Der Einkaufsmanagerindex für Japan enttäuschte mit einem Wert von 49.8 ebenfalls.
Verarbeitende Industrie in den USA kann sich dem weltweiten Abschwung nicht entziehen
Der Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe in den USA befindet sich mit einem Wert von nur 50.5 für (erwartet: 50.6; Vorwert: 50.6) nicht mehr weit von der Wachstumsschwelle entfernt. Wir rechnen damit, dass die nächsten Monate eher eine Verschlechterung als eine Verbesserung zeigen werden, da die vollen Effekte der Zuspitzung des chinesisch-amerikanischen Handelskrieges noch nicht in den Konjunkturindikatoren sichtbar sind. Die «Industrierezession» wird auch noch die USA erreichen.
Es ist kein Ende der Rezession des verarbeitenden Gewerbes in Sicht. Die Rezessionsängste sind noch nicht maximal. Es ist fast sicher, dass der PMI für das verarbeitende Gewerbe auch in den USA deutlich unter 50 fallen wird. Wir rechnen frühestens im Herbst oder Winter 2019 mit einer Stabilisierung des Weltwirtschaftswachstums. Die FED sieht dies wohl genauso und hat angedeutet, dass es demnächst zu Zinssenkungen kommen könnte, was den Aktienmärkten vorrübergehend Flügel verlieh.
Die Tweeds des US-Präsidenten sind eine Funktion der Finanzmärkte. Sollten die Aktienmärkte weiter fallen, werden wieder Erwartungen an einen «Grossen Deal» geweckt werden. Wir bleiben skeptisch. Die (Geo)Strategische Auseinandersetzung zwischen China und USA wird die Finanzmärkte die nächsten Jahrzehnte beschäftigen. Es wird keinen grossen, glaubhaften Deal geben können, es wurde zu viel Porzellan zerschlagen und die USA werden mit allen Mitteln versuchen, Weltmacht Nummer 1 zu bleiben, während die Chinesen versuchen werden mit allen Mitteln, Weltmacht Nummer 1 zu werden. Diese Auseinandersetzung wird auch mittels Handelskriege ausgefochten werden. China hat die jüngsten Zollerhöhungen der USA durch die Verschärfung nichttarifärer Handelshemmnisse «beantwortet». Diese sind nicht so medienwirksam, da Sie auf der operativen Geschäftsebene stattfinden. So werden beispielsweise Zollabfertigungen oder Genehmigungen «schikanös langsam» durchgeführt.
Die sogenannten «US Antitrust Enforcement Agencies» untersuchen, ob Alphabet, Facebook, Apple ihre beherrschende, teilweise monopolistische Marktstellung missbräuchlich benutzt haben. Im Extremfall könnte eine Aufsplittung der Technologiegiganten drohen. Republikaner, allen voran Präsident Trump haben sich beschwert, dass soziale Medien «konservative Werte benachteiligen». Das schärfere Vorgehen gegen die Technologiegiganten wird von demokratischer und republikanischer Seite, wohl auch durch die Masse der Wählerschaft gebilligt.
Aufgrund der erhöhten Rechtsunsicherheit mussten Technologieaktien generell, insbesondere aber die betroffenen Firmen erheblich Federn lassen.
Aktien sollten noch untergewichtet werden.
Kontakt: Thomas Härter, CIO, Investment Office
Telefon: +41 58 680 60 44
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